UNSERE PHILOSOPHIE
Die Philosophie des Widerspruchs besteht darin, dass ein sogenannter Insider über die Outsiderkünstler:innen Auskunft gibt, ohne dass die Outsider ein Bedürfnis auf Erklärung überhaupt äußern oder erwarten. In diesem zugrundeliegenden Zwiespalt entsteht der Spannungsbogen einer sich jeder Dechiffrierung entziehenden Kunst von Outsidern. Das Interesse des Kunstmarktes an dieser Kunst integriert zunehmend Outsiderkünstler:innen und holt sie in die Mitte ihrer Galerien. In der Weiterführung des Begriffes Integration ist die Inklusion zurzeit der tragende Begriff für das durchgehende Gemeinsame ohne Ausgrenzung. In der Kunst jedoch ist das Einmalige, das Außergewöhnliche gefragt. Nur so verdient der Begriff Outsiderkunst die Legitimation, anders sein zu dürfen und zu wollen. Durch die Verbindung von Talent und geistiger Behinderung, die die Wirklichkeit so verrückt gebrochen darstellen kann, entsteht eine Kunst, die durch den Begriff „Art Brut“ am besten benannt werden kann. Mit dem Begriff „Art Brut“ bezeichnet der französische Maler Jean Dubuffet eine unverbildete „rohe“ Kunst. Im Atelier Zinnober Magdeburg arbeiten 11 Künstler:innen mit einer sogenannten geistigen Behinderung und 3 Künstler:innen ohne geistige Behinderung, die sich in ihrem Schaffen gegenseitig begeistern. In dieser unangestrengten authentischen Atmosphäre entsteht Kunst, die jede Norm missachtet und jeden Rahmen weit sprengt. Vielleicht ist das künstlerische Schaffen von begabten Menschen mit einer geistigen Behinderung das einzige Genre, in dem die Zuordnung Outsider keine Diskriminierung darstellt, sondern eine beneidenswerte Grenzüberschreitung ist. Brauchte Klein Zaches, genannt Zinnober, in dem gleichnamigen Kunstmärchen von E.T.A. Hoffmann noch den Zauber einer Fee, um Anerkennung zu gewinnen, so verzaubern die Outsiderkünstler:innen des Ateliers Zinnober Sie mit ihren Kunstwerken aus eigener Hand. Von dem es sich zu überzeugen gilt. – Wolfram Stäps
Das Normalisierungsprinzip
Die Arbeit und das Miteinander im Atelier ist durch das Normalisierungsprinzip gekennzeichnet. Dieses Prinzip beschreibt das uneingeschränkte Recht von Menschen mit Beeinträchtigungen auf ein weitgehend normales Leben und den Anspruch darauf, als vollständiger Teil der Gesellschaft anerkannt zu werden. Im Sinne dieses Prinzips handelt der Zinnober e.V. nicht als Ort der Kunsttherapie, sondern schafft lediglich einen Raum der freien Entfaltung. Die Künstlerinnen und Künstler des Ateliers gehen eigenständig und professionell der Leidenschaft zur Kunst nach und unterscheiden sich dadurch nicht von Künstlerinnen und Künstlern ohne Beeinträchtigung.